Donnerstag, 5. Februar 2009

Waitangi Day

Heute ist Waitangi Day, der 6te Februar, ein Nationalfeiertag. Der Waitangi Day soll an den 6ten Februar vor 169 Jahren erinnern, also 1840, an dem ein Vertrag zwischen Neuseeländern und Maori geschlossen wurde. Dieser Vertrag ließ Neuseeland zu einem Teil des Britisches Imperiums werden, er gab den Maori das Recht auf ihr Land und gab ihnen britische Bürgerrechte. Die Maori betrachteten diesen Vertrag als regelrecht heiligen Pakt an, die Pakeha (Maori für Neuseeländer mit europäischer Abstammung oder kurz Weiße) allerdings sahen das etwas anders. Schon alleine der Umstand starker inhaltlicher Differenzen zwischen der englischen und der maori Version des Vertrages, lassen den wachen Geist erahnen wie der Vertrag rechtlich gesehen, behandelt wurde. Die Pakeha ignorierten ihn, zumindest bis in den Anfänge des 20ten Jahrhunderts. Ab diesem Zeitpunkt fingen manche Neuseeländer an dem Vertrag von Waitangi einen staatsgründenden Charakter zu geben. Was heißen soll, sie sahen in ihm so eine Art neuseeländische Verfassung, bloß ohne Rechtscharakter. Also so eine Art Stück Papier mit souvenirähnlichem Erinnerungswert.
Sarkasmus beiseite, selbst heute hat der in Waitangi, einem kleinen Ort in den Bay of Islands, geschlossene Vertrag nur limitierte Gültigkeit im neuseeländischen Recht. Was alljährlich zu Protesten von Maoriaktivisten führt. Es wurden schon viele Diskussionen darüber geführt den Tag umzubenennen oder durch andere Feiertage zu ersetzen. Dies würde meiner Ansicht nach das Problem aber auch nicht lösen. Um Probleme zu lösen, muss man sich ihnen stellen. Ehrlich gesagt die meisten Neuseeländer und Maori kümmert es auch gar nicht. Sie freuen sich einfach einen Tag mehr frei zu haben.
Ich hatte heute auch frei und war auf dem Kepler Track unterwegs. Er ist einer der Great Walks nur 10 Kilometer von Manapouri entfernt. Diese 2 Stunden Joggen haben mir wieder mal gezeigt wie schön diese Gegend ist. Der Anfang des Kepler Tracks führt an einem Fluss entlang zum Lake Manapouri. Auf dem Weg zum Shallow Bay durchläuft man einen von Grün strotzenden Wald, in dem sich, dem Klang nach, abertausende Zykaden in den Baumkronen eingenistet haben müssen. Dieses breite Summen im Hintergrund mag in der bloßen Vorstellung nervend erscheinen, ist aber in Wirklichkeit seltsam angenehm. Es ist der Grundton einer natürlichen Geräuschkulisse, der in einer Großstadt durch den Autoverkehr oder durch das Gewirr hunderter Stimmen entsteht. Durchsetzt von dem Gesang der Tuis und dem schwerarbeitenden Flügelschlag der Waldtauben, dem Wind in den Ästen der Bäume und in den Zweigen der Büsche und dem noch fernen Wellenbranden an den Ufern des Lake Manapouri ist das alles wunderbar entspannend. So entspannend, dass ich wetten würde man findet es auf einer CD zum Stressabbau. Ihr wisst schon, diese CDs auf denen dann steht, "Gönnen Sie sich eine Auszeit und lassen Sie sich in die Tiefen der Wälder Neuseelands entführen".
Die Tiefen wären dann bspw. hier bei mir in der Nähe...höhö!
Zurück zum Wald. Eines von Neuseelands Wahrzeichen ist der Farn und das aus gutem Grund. In jedem Wald, in fast jeder Höhe, in jedem Garten, Beet, Blumentopf, in jedem unaufgeräumten Zimmer findet sich mindestens ein entweder wildwachsender oder gepflanzter Farn. Von den Arten will ich jetzt gar nicht erst anfangen zu reden. Es gibt eine Menge, so viel steht schon mal fest.
Ich lief so ungefähr 45 Min nachdem ich dann den Farn hinter mir lassen konnte und aus dem Dickicht heraus ans Ufer des Shallow Bay trat. Und da war es! Ein Gefühl, als ob man vor dem Fernseher sitzt und eine Urlaubswerbesendung schaut. Zu schön, um wahr zu sein.
Vor mir lag ein weißer Sandstrand, der sich in vielen kleinen Bögen nach rechts und links ins Wasser schmeichelte. Kleine Inseln aus Schilf tauchten hier und da am Strand auf. Glatte silberne Stämme, Äste und Zweige Treibholz lagen wie häusliche, unnütze Zierden verstreut. Perfekt um sich auf ihnen niederzulassen und mit dem Blick über das Wasser hinüber auf die anderen Ufer und die weichgeschwungenen Berge dahinter zu schauen.
Selbst aus weiter Entfernung sieht der Wald lückenlos und dicht aus. So dicht, dass man denken könnte jemand hätte ein grobgewebtes Tuch in einen Topf voller dickflüssiger satter dunkelgrüner Farbe getaucht und behutsam auf den Bergen abgelegt. Hier und da quillt etwas mehr Farbe hervor und es scheint so, als würde der Wald an dieser Stelle vor Üppigkeit, Vielfalt und entfesselter Fruchtbarkeit zu platzen drohen.
Man kann sich dem Fantasieren nicht entziehen und stellt sich Maoris vor, wie sie noch vor 100 oder mehr Jahren im Morgenlicht, eingehüllt im von den Bergen kommenden Nebel durch diese endlosen Regenwälder und Farnhaine wanderten, um zu jagen oder um an die Küsten der Fiorde zu gelangen, wo es von Fischen nur so wimmelt.
Zurück aus meinen Fantasien, blieb ich noch etwas sitzen, den Ausblick genießend. Danach schlenderte ich noch etwas hin und her, bevor ich den Rückweg antrat.

Shallow Bay

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