Montag, 11. Mai 2009

Was in Christchurch und danach geschah

Eine Woche verging und ich verließ Christchurch, die mit Bibeln gepflasterte, von Weihwasserströmen durchzogene Oase christlicher Nächstenliebe wieder. In meiner Kameratasche hatte es sich mein neu erworbener JVC Camcorder schon recht gemütlich gemacht. So oft es ging fütterte ich ihn mit Strom, Bild und Ton.

Erste Gelegenheit bot sich mir dazu in Kaikoura, dem zu Hause der neuseeländischen Wale und Delphine (ICH LEHNE ES AB DELPHIN MIT "F" ZU SCHREIBEN!). Aufnahmen vom Meer, vom Meerstrand und Meermöwen und noch viel mehr Meer! Nach Kaikoura fuhr ich mit dem Bus, da mir dies im Vergleich zum per Anhalter-Fahren bequemer erschien. Der Busfahrer sah aus wie ein neuseeländischer Weihnachtsmann, also dicklich, langer weißer Bart, weißes Haar und ein sehr gemütlicher Gesichtsausdruck. Allerdings für den echten Weihnachtsmann untypisch und das brachte eben das Kiwifeeling, so dermaßen stark tätowiert, dass man meinen könnte der gute Mann hätte sich jede Einkaufsliste, jede Notiz, Wegbeschreibung auf sein damals noch fleischfarbenes Äußeres stechen lassen.

Im Bus sitzend flogen an mir noch mal all die schöne Erinnerungen an Christchurch vorbei. Wie z.B. die Unterhaltung mit der ominösen Frau nach dem Kings of Leon Konzert.



Nacht in Christchurch. Ich laufe entlang einer großen mehrspurigen Straße, die links und rechts mit Autohäusern und Werkstätten gesäumt ist. Kaum ein Auto ist unterwegs, ebenso wenig Menschen. Ich bin nicht mehr weit von der Straße entfernt, in die ich einbiegen muss, um ins Stadtzentrum zu gelangen, als ich 100 Meter vor mir eine Frau, leicht von der einen zu anderen Gehwegseite schwankend, entdecke. Sie hält sich wacker und versucht geradeaus zu laufen. Das gelbe Licht der Straßenlaternen tränkt die Szenerie in eine etwas melancholische Stimmung. Kaum bin ich auf ihrer Höhe angelangt, spricht sie mich an und fragt, ob ich eine Zigarette für sie hätte.

"Nein", sage ich,"ich bin Nichtraucher"!(Manchmal schon, aber ich wollte die ganze Angelegenheit möglichst einfach halten)

"Ja, ist ne schlechte Angewohnheit", erwidert sie.

Wir laufen nebeneinander, d.h. ich laufe, sie schwankt immer noch.

Ich denke mir, "mach doch ein wenig Smalltalk."

"Und wo geht's bei dir heute Abend noch hin?"

"Ich gehe auf Arbeit!" Die Uhr zeigt 23:34 Uhr. Der Ein oder Andere könnte sich jetzt schon denken, was ihre Tätigkeit ist. Tja, ich stand etwas auf dem Schlauch.

"Uuund...was arbeitest du so?"
(Der Authenzität halber habe ich ihre Antwort hier in Englisch geschrieben. Ich bitte um geteilte Aufmerksamkeit!)

"I'm a hooker." Hmmm, dachte ich, hooker? hooker?, nee, keine Ahnung was das sein soll!

"Hooker, was ist das?"

"Ich bin eine Prostituierte, ne Hure!"

Ah, jetzt hat's geklingelt.

STILLE!

"Hmmm, Na nun kannst du das Gespräch auch nicht so sterben lassen. Frag einfach weiter bis du eh abbiegen musst."

Ich frage also trocken an, "Heute schon Erfolg gehabt?"

"Nein, bis jetzt noch nicht, muss wohl noch ein Stück weit laufen."

"Aha, und wohin?"

"Manchesterstreet!"

Ich wollte schon Luft holen, um den Satz zu formen, dass mein Hostel in der Straße ist, als ich mich selber, gerade noch rechtzeitig, mental vors Schienbein treten konnte. "Das lass mal schön sein", sprach mein Inneres. Der Satz verstarb als noch in meinem Mund, unausgesprochen. Stattdessen, traten nur drei Worte heraus.

"Ah, Straße, Tschüss!"

Ich bog ab. Sie schwankte weiter.



In Kaikoura wollte ich ja eigentlich Wale sehen. Dazu hatte ich mich auch schon für einen "Whalecruise" angemeldet. Wer hätte es gedacht. Bis zu dem Tag fuhren tagtäglich Boote hinaus und sichteten Wale. Nun, an dem Tag, an dem ich welche sehen wollte, wurden keine gesichtet. Ich hatte die Bootstour extra nach hinten verschoben. Als ich dann anrief, um nachzufragen, wann genau das Boot ablegen würde, berichtete mir die Dame am Telefon, dass schon auf den ersten beiden Touren keine Wale gesehen wurden und daher alle nachfolgenden Touren abgebrochen werden. Außerdem meinte sie, es wäre ein absolutes Phänomen, da sie das seit 4 Jahren nicht ein einziges Mal erlebt hätte. Tolles Phänomen, dachte ich mir.

Noch am selben Tag traf ich James und Flora wieder. Wir hatten uns schon eine Woche vorher verabredet und wollte uns eigentlich in Christchurch treffen, hatten uns dann aber verpasst. Sie boten mir an, mich bis nach Picton zu fahren und mit ihnen die Fähre nach Wellington zu nehmen. James, Flora und Johannes, endlich wieder vereint.

Wir verließen Kaikoura am 03.04. in Richtung Blenheim.



Was kann ich über Blenheim sagen? Langweilig, das trifft es. Daher brachten wir dort nur eine Nacht zu und fuhren am nächsten morgen die gewaltige Etappe von 20 Kilometern nach Picton.

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